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Folge 13: The Trial of the Chicago 7

 

„The whole world is watching!”

Ich liebe Geschichtsfilme – besonders über Geschehnisse, die stattfanden, als ich noch nicht geboren war. Ich finde es sehr faszinierend, wie verschiedene Generationen geschichtlich bedeutsame Ereignisse porträtieren (natürlich sollte man sich hier bewusst sein, dass solche Verfilmungen immer auf irgendeine Art befangen sind). Deshalb habe ich mich sehr darauf gefreut, Netflix‘ Film The Trial of the Chicago 7 anzuschauen. Und als ich fertig war, habe ich mich gefragt: warum zum Geier wissen wir nicht mehr über diesen Fall?

 

Der Film spielt zum Ende der 1960er und folgt dem berühmt-berüchtigten Justizfall um die Chicago 7. Diese sieben (zeitweise acht) Männer wurden der Verschwörung und Aufhetzung von Demonstrant*innen angeklagt, nachdem eine Demonstration gegen den Vietnamkrieg in mehreren blutigen Auseinandersetzungen mit der Chicagoer Polizei eskaliert war. Der Film folgt zum einen dem Prozess und porträtiert, wie ungerecht die Angeklagten behandelt wurden und wie korrupt und unfair die Justiz war. Zum anderen deckt er auf, was während der Demonstration passiert war und wie und warum die Situation überhaupt eskalieren konnte.

 

Ich sag‘ es gleich vorweg: dieser Film wird Euch aufregen! Der Rassismus und die Ungerechtigkeit, die in diesem Gerichtssaal demonstriert werden, sind einfach unglaublich. Zentrale Themen sind zudem Polizeigewalt und die Bewegung gegen den Vietnamkrieg. Ich kann auch jetzt schon mit großer Sicherheit sagen, welchen Charakter Zuschauer*innen vermutlich am wenigstens leiden können: der Richter, Julius Hoffmann, ist so unglaublich unfair, dass man schon fast daran zweifelt, dass das Ganze sich tatsächlich so zugetragen hat (leider doch!).

 

Ein Grund, warum dieser Film so gut und eindrücklich ist, ist die Art und Weise wie er aufgebaut und gedreht wurde. Er beginnt vor der schicksalsreichen Demonstration und zeigt, wie die verschiedenen Mitglieder der „7“ sich auf die Tage in Chicago vorbereiten. Dann gibt es einen Zeitsprung und wir sehen den Anfang der Gerichtsverhandlung. Diese Verhandlung bildet die Rahmenhandlung für den Rest der Geschichte und die Zuschauer*innen erfahren Stück für Stück was tatsächlich passiert ist. Das hält den Film spannend, denn man fragt sich lange, wie die ganze Situation so eskalieren konnte. Das sorgt auch dafür, dass die Offenbarungen umso schockierender sind. Die Szenen, in denen die Demonstrant*innen auf die Polizei treffen, sind wirklich schwer mitanzusehen. Das gilt insbesondere für die Konfrontation im Lincoln Park, da diese mit echtem Filmmaterial von 1968 verschnitten ist.

 

Sowohl hinter als auch vor der Kamera ist der Film großartig besetzt. Für Drehbuch und Regie war Aaron Sorkin verantwortlich. Dieser ist vor allem für seine Schreibkunst bekannt: von ihm stammen unter anderem West Wing (DVD TV WES), Eine Frage der Ehre, The Social Network (DVD SOC) und Moneyball (DVD MON). Die von ihm geschriebenen Figuren wurden dann mit hochkarätigen berühmten Schauspielern besetzt. Eddie Redmayne spielt Tom Hayden und Sacha Baron Cohen spielt Abbie Hoffmann – beide sind Angeklagte und somit Teil der Chicago 7. Ihr Gegenspieler, Staatsanwalt Schultz, wird von Joseph Gordon-Levitt dargestellt. Eine kleine, aber wichtige Rolle spielt Michael Keaton als Ramsey Clark, ehemaliger Justizminister von Präsident Lyndon B. Johnson. Mit dieser Besetzung ist es wenig überraschend, dass The Trial of the Chicago 7 für sechs Oscars (unter anderem Bester Film) nominiert war und einen Golden Globe Award für das beste Drehbuch gewonnen hat.

 

Was ist gut an dem Film? Wenn man sich die Prämisse anschaut, würde man einen ernsten Film erwarten. Und natürlich ist er das auch – zu einem gewissen Grad. Gleichzeitig ist er aber auch unglaublich lustig: die Art, wie er geschnitten ist, kreiert einen Großteil der Lacher – besonders in den ersten zehn Minuten. Aber auch die Charaktere haben viele witzige Momente. Das ist umso cooler, wenn man erfährt, dass die meisten Dialoge, die innerhalb des Gerichtssaals geführt werden, alle tatsächlich (fast) so stattgefunden haben. Aaron Sorkin hat einen Großteil seines Drehbuchs auf den Transkripten der Verhandlung basiert.

 

Was ist schlecht an dem Film? Ich habe tatsächlich nicht wirklich etwas auszusetzen. Meine einzige Kritik wäre vielleicht, dass das Ganze nicht länger und detaillierter aufgezogen wurde. Ich glaube, dass man aus diesem Justizfall eine sehr gute Mini-Serie hätte machen können – so wie man es beispielsweise bei dem Prozess gegen den ehemaligen Footballspieler O.J. Simpson in Form der Serie The People v. O. J. Simpson: American Crime Story gemacht hat (eine sehr interessante Serie, aber das ist eine Kritik für einen anderen Sonntag). Dadurch, dass der Film in seiner Länge beschränkt war, mussten viele surreale Momente aus dem Gerichtsprozess ausgelassen werden. Wenn ihr wissen wollt, welche Wortgefechte die Anwälte sich sonst noch geliefert haben und welche weiteren, unverständlichen Entscheidungen der Richter getroffen hat, dann leiht euch doch das offizielle, englische Transkript (345.73 LEV) aus unserer Bibliothek aus.

 

The Trial of the Chicago 7 ist eigentlich die perfekte Wahl, wenn man sich einfach nicht einigen kann, ob man lieber einen ernsten oder lustigen Film schauen möchte (eine Diskussion, die bei uns fast täglich stattfindet) – denn dieser Film ist beides. Um Ron Weasley falsch zu zitieren: Das heißt wohl, dass du leiden wirst, aber du wirst dich unheimlich [amüsieren]. Ich glaube auch, dass es unglaublich wichtig ist, dass viele Leute sich mit den behandelten Thematiken auseinandersetzen, denn sie sind definitiv immer noch brandaktuell in der (amerikanischen) Gesellschaft.

 

Hier findet ihr den Trailer!

 

Wenn ihr euch den Film angeschaut habt und noch mehr Details und Hintergrundinformationen wollt, dann habe ich ein paar Videos für euch: hier findet ihr ein Making-Of zum Film, wo die Schauspieler*innen über die Entstehung des Films und ihre Charaktere erzählen. Ein noch detailreicheres Making-Of gibt es in Form eines Spotify-Podcasts. Es gibt auch eine ältere Dokumentation zu den historischen Ereignissen. Und wenn ihr euch jetzt fragt, wie realistisch und authentisch die ganzen Gerichtssaalszenen tatsächlich sind, dann schaut euch doch dieses Video von einem echten Anwalt an.

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